Berlin on Bahn

EULE

von Michael Balzhäuser:

„Mit der Bahn nach Berlin“ so jauchzten wir planenden Lehrer:innen (manche mehr, manche weniger), „ so soll es sein!“ 

Die Vorteile waren so offensichtlich: Wir reisen bequem auf reservierten Plätzen, wir reisen klimafreundlich und zu guter Letzt erfüllen wir unseren Bildungsauftrag. Wir zeigen Schüler:innen die Möglichkeiten öffentlicher Mobilität als Alternative zum Individualverkehr!

Ganz super! Lief aber nicht ganz so glatt … Dies ist die Geschichte, warum ich vermeintlich unbelehrbar bin und weiterhin alle motivieren möchte, mit der Bahn zu fahren. 

Fangen wir mit der Planung an: Busunternehmen schicken ein Angebot und man kann zu– oder absagen. Bahnreisen kann man nicht beliebig früh reservieren und wenn man es dann kann, dann muss man erst mal die günstigen Preise ergattern. Glücklicherweise helfen einem Reisebüros (probiert mal gleisnost.de in Freiburg) oder die Bahn selbst dabei. 

Wir haben die günstigen Preise nicht gekriegt. Wir waren solange doppelt so teuer wie die Reise mit dem Bus, bis wir uns entschieden haben, einen Tag früher an einem Sonntag anzureisen. Plötzlich war das Angebot der Bahn sogar günstiger als alle Busangebote.

Jeweils zwei Klassen reisten gemeinsam nach Berlin. Eine der Gruppen konnte am Vorabend der Anreise auf der bahn-app lesen, dass die vorgesehene Regionalbahn ausfällt. Man traf sich also früher als geplant, um dann trotzdem in Frankfurt den vorgesehenen ICE zu verpassen. Die Gruppe fuhr ohne Reservierung, stieg einmal mehr um und kam eine Stunde später an. Genauso chaotisch verlief die Rückreise dieser Gruppe. 50 Menschen stehen wegen Verspätungen eine Stunde länger auf dem Bahnsteig in Berlin, um dann schlussendlich auch eine Stunde später als geplant zu Hause anzukommen.

Übrigens war ich in der anderen Gruppe, bei der auf der Hinreise alles geklappt hat. Aus allen Wolken gefallen sind wir, als ein Bahnbeamter auf der Rückreise zu uns kam und uns mitteilte, dass sie uns einen ganzen Wagen eines Ersatzzuges freigehalten hätten, schließlich wüssten sie ja, dass wir als große Gruppe einsteigen würden. Wir waren voll des Lobes, bis unser Zug überraschend wegen Brandgeruchs in Fulda endete und wir auch mit Ersatzverbindungen etwas mehr als eine Stunde zu spät nach Hause kamen.

Offensichtliches Fazit: Die Bahn kriegt es nicht gebacken, sagen ja alle. Und überhaupt: Warum tun wir uns das mit der Organisation, Verspätung und Umsteigerei überhaupt an? 

Was bedeutet das nun für unsere Reise oder für Schulreisen allgemein? Die Kriterien waren Klima, Bequemlichkeit und Bildungsauftrag. 

Zum Klima sagt uns das Umweltbundesamt, dass der Reisebus im Jahr 2020 eine deutlich bessere CO2-Bilanz als der Fernzug hat. 2019 ohne Corona war das noch anders, berücksichtigen diese Daten die mittlere Auslastung der jeweiligen Verkehrsarten. Voll besetzte Reisebusse und voll besetzte Züge liegen in der Klimabilanz in etwa gleichauf. Wer also mit dem Reisebus fährt und diesen auch voll besetzen kann, der macht das schon ziemlich gut. Schwieriger wird es allerdings, wenn die Reisebusse, wie so oft bei Klassenfahrten, zwischendurch nach Hause fahren und so die doppelte Strecke bilanziert werden muss. Wer dann wie wir außerhalb der Hauptverkehrszeiten an einem Sonntagvormittag im Zug unterwegs ist, der nutzt quasi leere Plätze eines Gefährts, das ohnehin gefahren wäre. Diese Klimabilanz toppt kein Reisebus.

Die Bequemlichkeit wurde bei uns zwar durch Zwischenstopps, unerwartete Umstiege und einiges mehr eingeschränkt. Trotzdem konnten wir uns zwischendurch im Abteil die Füße vertreten und waren auch mit den Verspätungen schneller als ein Reisebus in Berlin. Das Reisen außerhalb der Stoßzeiten war eine gute Sache, die wir als Schule unterstützen sollten.

Ob wir den Bildungsauftrag erfüllt haben und unsere Schüler:innen die Bahn für sich entdeckt haben oder ob sie beschlossen haben, die Bahn zukünftig zu meiden, wissen wir nicht. Ich jedenfalls würde es wieder tun …. Also auf und davon, mit dem 9€-Ticket in den Sommerferien nach Berlin:-)

1 Gedanke zu „Berlin on Bahn“

  1. Schöner Artikel und nach der “Hell on the Highway” Artikel um so lesenswerter. Lasst euch nicht vormachen, dass auf der Straße alles reibungslos funktioniert. Danke & go for Deutsche Bahn!

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