Warum wählen die Amerikaner Donald Trump? – Die U.S.-Präsidentschaftswahlen 2020

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von Adrian (11)

So langsam kommen die U.S.-Präsidentschaftswahlen ins Rollen: neben den amerikanischen Straßen stellen Privatleute selbstfinanzierte Wahlplakate für Donald Trump auf, vereinzelt tauchen Menschen mit „Keep America Great“-Käppis auf, Autos werden als Werbetafeln genutzt und natürlich sind auch die Medien voll von Anzeigen und Werbeschaltungen.

Für dieses Schuljahr lebe ich in dem Staat Virginia, einem der ältesten Staaten, der sich südlich von der Hauptstadt Washington, D.C. an der Ostküste Amerikas befindet. Der flächenmäßig größte Teil dieses Staates ist durch sehr ländliche Regionen geprägt, wodurch fast jeder gigantische Grundstücke besitzt, auf welchen man im besten Falle Hirsche und Bären jagen kann. Die andere Seite Virginias, zu der etwas weniger als 50% der Bevölkerung gehört, sind ein paar Großstädte und natürlich die Metropolregion rund um den District of Columbia (D.C.). Ich persönlich lebe circa 40 Minuten von der Hauptstadt entfernt, weshalb hier Menschen von den beiden beschriebenen „Seiten“ leben. Aus genannten Gründen, wurde hier schon bei den Präsidentschaftswahlen im Jahre 2016 ein sehr knappes Ergebnis erzielt: Die Demokraten mit Hillary Clinton gewannen mit etwas weniger als 50% der Stimmen.

Mit dem komplexen Wahlsystem der Vereinigten Staaten könnten Seiten und Seiten gefüllt werden, kurz gesagt besteht es aber auf den sogenannten „Alles oder Nichts“-system, welches folgendermaßen funktioniert: Jeder einzelne Staat hat eine gewisse Zahl an Wahlmännern, die auf der Einwohnerzahl des einzelnen Staates basiert. Nun wird in jedem der 50 Staaten gewählt und der Gewinner des einzelnen Staates bekommt alle dessen Wahlmännerstimmen, mit denen danach der Präsident gewählt wird. Also wenn in einem Staat Donald Trump mit nur einem Prozent Vorsprung gewänne, dann gingen dennoch alle Stimmen aus diesem Staat an Trump.

Während bei den Republikanern schon lange feststeht, wer Präsidentschaftskandidat wird, gibt es bei den Demokraten immer noch mehrere Favoriten. Schon recht früh hat Bernie Sanders verkündet, sich erneut aufstellen zu lassen. Im Rennen für die Demokraten waren auch noch Elizabeth Warren, die recht ähnliche Ansichten und Vorschläge wie Sanders hat, Multimilliardär Mike Bloomberg, der insgesamt eine halbe Milliarde Dollar für seine Kampagne ausgegeben hat und Joe Biden, der unter Obama schon Vizepräsident war. Am 3. März – der sogenannte Super Tuesday – fanden in einigen Staaten die „demokratischen“ Primaries statt, Vorwahlen, die den Spitzenkandidaten der Demokraten hervorheben sollen. Da jedoch immer noch nicht alle Staaten gewählt haben, ist es noch nicht endgültig, momentan liegt allerdings Biden vorne, dicht gefolgt von Bernie Sanders. Warren und Bloomberg haben nach diesem Ausgang mittlerweile schon abgedankt.

In meiner High School ist der Wahlkampf auch schon angekommen: es gibt sogar Schüler, die mit Trump-T-shirts oder -rucksäcken durch die Gegend stolzieren. Als ich noch in Deutschland war, habe ich mich immer gefragt, warum Leute überhaupt für Donald Trump stimmen. Und das erste was mir jetzt dazu einfällt ist: Patriotismus! Ein Großteil der U.S.-Amerikaner ist extrem patriotisch: An jedem Haus, jedem Restaurant und in jedem Klassenraum hängen Flaggen und in meinem Umfeld zeigt sich der Patriotismus sogar so, dass für die Demokraten zu stimmen, ein Verrat des Vaterlandes wäre.

Meine Theorie dazu ist, dass die meisten Amerikaner sich nicht über politik- und gesellschaftsrelevante Themen informieren oder interessieren. Obwohl ich nur 40 Minuten von dem Ort entfernt lebe, an dem Weltpolitik gemacht wird, schallen hier nur die ganz großen Themen durch – ausgenommen des Klimawandels… Viele wissen folglich auch nicht, was Donald Trump macht und in den Hinterköpfen einiger Menschen heißt es, dass alles für immer perfekt sein wird und die USA das hochentwickelste Land sowie Koordinator der Erde ist. Dazu kommt noch der eben genannte Patriotismus, der ja quasi alles, das Amerika macht, für gut und berechtigt befindet.

Aber natürlich ist das nicht der einzige Grund: eine gigantische Rolle spielt auch die Amerikanische Wirtschaft plus deren Kapitalismus. So gut wie alle Amerikaner, die ich getroffen habe, sind sehr stolz auf die freie U.S.-Marktwirtschaft – einige haben wir sogar erzählt, dass sie niemals in Europa leben könnten, da dieses ja so „sozialistisch“ sei. Dieses Bedingen, tun und machen zu wollen was man will, spricht auch gegen einige Mitglieder der Demokraten-Partei, die unter anderem Pläne für eine Vermögenssteuer oder kostenlose Universitäten in Erwägung ziehen. Die Begründung eines Mitschülers, der sogar auf Grund von finanziellen Mitteln nicht in den Staaten studieren werden kann und somit von einer kostenlosen höheren Bildung profitieren würde, besagt, dass eine Vermögenssteuer schlecht wäre, da, falls er selbst mal reich sein würde, er das Geld nicht abgeben wollen werde. Und da spielt dann wieder der „American Dream“, der Amerikanische Traum, eine Rolle, welcher besagt, dass mit diesem Wirtschaftssystem jeder vom armen Tellerwäscher durch harte Arbeit zum Multimilliardär werden kann. Folglich würde eine Reform dieses Systems genau das verändern, was die Vereinigten Staaten von Amerika bisher immer ausmacht hat – vielleicht sogar das, weshalb dieses Land so viele Menschen in der Geschichte und heute angezogen hat.

Dazu spielt aber noch eine ganz wichtige Sache, um mal wieder auf die eigentliche Thematik, warum Menschen für Trump stimmen, zurückzukommen: nämlich Waffen! Waffen, insbesondere Pistolen, Gewehre et cetera, sind nicht nur beliebte Mittel, um Tiere zu jagen, sondern auch, um sich selbst vor anderen „bösen“ Menschen zu „schützen“. Das widerspricht zwar ganz klar meiner Meinung, allerdings habe ich schon mit Leuten nach einem Shooting in einer Kirche geredet, von dem ein Video online gepostet wurde. Bei der Schießerei, hat ein Mann unschuldige Menschen während eines Gottesdienstes erschossen und ein anderer, der unerlaubt eine Pistole in der waffenfreien Kirche dabei hatte, hat diesen dann niedergeschossen. Dies sei ein perfektes Beispiel für die Selbstverteidigung durch Waffen, so eine Person, mit der ich mich darüber unterhalten habe. Auf jeden Fall möchten die meisten Demokraten-Partei-Mitglieder strengere Waffengesetze, was mit vielen Amerikanern im „Land der Unbegrenzten Möglichkeiten“ nicht vereinbar ist.

Wichtig ist, dass die Republikaner sich wahrscheinlich aus diesem Artikel als die „Bösen“ heraushören, was ich auf keinen Fall erreichen möchte. Da es nur zwei große Parteien in den USA gibt, haben tausende Republikaner noch viel mehr unterschiedliche Ansichten und ich beziehe mich lediglich auf die eine, von mir in Deutschland erfahrene, eher negative Haltung zu dem jetzigen U.S.-Präsidenten.

Fairerweise, muss gesagt werden, dass sich das Erklärte keineswegs auf alle, sondern nur einen bestimmten Teil der Amerikaner bezieht. In meinen Gesprächen hat sich ergeben, dass sehr viele wegen der Kandidaten gar nicht wählen gehen werden, eine Lehrerin sagt, es sei eine Wahl „between one loser and another loser“. Also viele werden sich also auch zwischen dem kleineren Übel entscheiden.

Insgesamt wird das also eine sehr spannende Wahl und auch die Vorwahlen, die zwischen Sanders und Biden entscheiden, werden noch einen großen Effekt auf die Wahlen im November haben.

1 Gedanke zu „Warum wählen die Amerikaner Donald Trump? – Die U.S.-Präsidentschaftswahlen 2020“

  1. Vielen Dank für den Artikel, Adrian! Das ist sehr aufschlussreich. Ich glaube auch, dass unglaublich viele US-Amerikaner absolut unpolitisch sind, und dass die Möglichkeit, sein eigenes Ding zu machen (ohne dass irgendein Sozialist etwas wegnimmt oder dazu gibt) unglaublich hoch bewertet wird. Man mag in Europa diese Sichtweise nicht verstehen, aber eine gewisse eigene Logik hat es schon, und anscheinend ist es vielen Amis sehr wertvoll.

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